Klientenzentriertes Konzept

 

Und so erkläre ich einer Klientin am Ende des Erstgesprächs die Gesprächspsychotherapie

(die Personzentrierte Psychotherapie) nach Carl Rogers:

 

„Ich biete Ihnen in den Therapiestunden aufmerksames, einfühlendes Zuhören in einem Klima von bedingungsloser Zugewandtheit, tiefem Respekt und Achtung an. Diese bedingungslose Wertschätzung geschieht authentisch, d.h. ich spiele sie Ihnen nicht vor und das können Sie auch wirklich spüren.

Ein solches Gesprächsklima bewirkt, dass Sie sich tiefer und tiefer Ihren eigenen Nöten, Problemen, Konflikten und Ihrem dazugehörenden inneren Fühlen zuwenden. Wenn ich Ihnen dann einfühlsame Resonanz gebe (ich lächele Sie also nicht einfach nur schweigend an), d.h. präzis-einfühlend vermittele, was ich von Ihrem Fühlen verstanden habe, verstehen Sie sich selbst immer besser und können sich noch tiefer öffnen und verstehen.

Indem ich Sie, ohne Bedingungen zu stellen, so annehme, wie Sie gerade sind, beginnen Sie selbst sich immer tiefer anzunehmen. Indem ich Ihnen bedingungsfrei wertschätzend, achtungs- und respektvoll begegne, entwickelt sich Ihre Selbstachtung und Ihre Selbstzweifel lösen sich nach und nach auf.

Das Erstaunliche daran: es sind keine Ratschläge und Interventionen, keine Deutungen und Erklärungen (z.B. wie Ihre seelische Not entstanden ist) nötig, sondern genau dieses oben beschriebene Gesprächsklima ist es, welches heilsam wirkt.

Sie übernehmen in diesem Prozess die Deutungshoheit für Ihr Fühlen und Denken, Tun und Lassen und Sie finden die für Sie stimmigen Erklärungen für die Ursachen Ihrer seelischen Not und Sie selbst entwickeln ganz von selbst Lösungsschritte, die Ihnen gemäß sind und verwirklichen diese in Ihrem ganz eigenen Tempo ohne jeden Druck meinerseits.

Dadurch gewinnen Sie Selbstvertrauen, das entweder verloren gegangen oder nicht so recht ausgeprägt war.

Meine einfühlsam-verstehende, bedingungsfrei wertschätzende und authentisch gelebte Begleitung bewirkt in Ihnen, dass Ihre „seelischen Selbstheilungskräfte“ erstarken und Sie seelisch gesunden können. Und diese Gesundung wirkt sich auch körperlich aus: Schmerzen verlieren sich, somatische Dysbalancen kommen in ein Gleichgewicht u.a. .

 

Und alle diese „Freundlichkeiten“ sollen nun tatsächlich wirken ?

 

In der Tat! Carl Rogers (1902-1987), ein amerikanischer Psychologe, Psychotherapeut und Hochschullehrer, erkannte die hohe positive Wirksamkeit dieser drei Grundhaltungen (präzis-einfühlendes Verstehen, bedingungslose Wertschätzung bei gleichzeitiger Authentizität der Psychotherapeutin) in der Begegnung zweier Menschen, von denen der eine seelisch belastet oder seelisch erkrankt ist. Carl Rogers begann diese Art der Psychotherapie (keine Methode, keine Techniken), die er klientenzentrierte und später personzentrierte Psychotherapie nannte, systematisch zu erforschen. Die konstruktive Wirksamkeit wurde überwältigend in ungezählten wissenschaftlichen und universitären Studien in den USA (später auch in Deutschland und vielen

anderen europäischen Ländern) nachgewiesen und deshalb im Jahr 2004 vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesrepublik Deutschland als wissenschaftlich anerkanntes Psychotherapie-Verfahren bestätigt.

 

Das im deutschen Sprachraum gebräuchliche Wort „Gesprächpsychotherapie“ geht auf eine wahre Begebenheit zurück : als der Hochschullehrer und Psychologe Reinhard Tausch (1921-2013) dieses Psychotherapie-Verfahren in Deutschland zu erforschen und damit zu etablieren begann, gab es ausgeprägte Befürchtungen seitens der Vertreter der Psychoanalyse, die weitgehend Mediziner waren, ob Psychologen denn überhaupt zur Psychotherapie befähigt sein könnten. R.Tausch konterte damals, dass Psychologen doch mit den Klienten (statt Patienten) heilsame Gespräche führen könnten – und das Wort „Gesprächspsychotherapie“ war entstanden.

 

Es kann nun im Therapieprozess Momente geben, wo Worte nicht mehr ausreichen, auch bei tiefem Verstehen. Dann spüren Sie als Klientin in Ihren Körper hinein und beschreiben, was Sie wie und wo genau empfinden. Dadurch entsteht ein innerer Prozess, den ich behutsam mit Resonanz begleite.

Diesen Prozess nannte ein Schüler von Carl Rogers – Eugene Gendlin – Focusing (d.h. auf das leib-seelische Geschehen fokussiert) und der zu weiterer innerer Klarheit und ausgeprägtem Wohlgefühl führt.

Nun fragen Sie sich vielleicht, ob die beschriebenen Grundhaltungen nicht von jeder Psychotherapeutin verwirklicht werden, ganz gleich welche Therapieschule dahinter steht.

 

Im Unterschied zu anderen Psychotherapieverfahren liegt der Ausbildungsfocus in der Gesprächspsychotherapie auf der Entwicklung und steten Beachtung dieser drei Grundhaltungen.

Sie werden nicht als gegeben vorausgesetzt. Das ist vergleichbar einer Gesangsausbildung–die Stimme muss ausgebildet werden und stets in Übung (unter Anleitung) bleiben. 

 

Im weiteren Unterschied zu anderen Pshychotherapieverfahren verfügt die Gesprächspsychotherapie über keinen „Werkzeugkoffer“ mit psychotherapeutischen Interventionen, Erklärungsmodellen etc. In dem oben beschriebenen „Klima“ entwickeln Sie die notwendigen Interventionen selbst – und das fällt Ihnen dann nicht einmal schwer, denn die für Sie hilfreichen Lösungsschritte entstehen ganz von selbst in Ihnen.

Ich bin also nicht Expertin mit einer Vielzahl intelligenter Interventionen, Ratschlägen, Erklärungen, Deutungen etc., sondern ich bin Expertin darin, ein respektvolles, zugewandtes, tief einfühlendes und verständnisvolles „Klima“ zu entwickeln, in dem dann Sie zur Expert_In für sich selbst werden – also sich tiefer verstehen, erspüren, erklären, annehmen und verändern können.

 

Dieses „Klima“ ist nicht die Voraussetzung für Psychotherapie–und darin unterscheidet sich die Gesprächspsychotherapie von allen anderen Psychotherapieverfahren–sondern dieses „Klima“ ist die eigentliche Psychotherapie.“

 

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